Kammel

"Das krumme Wasser" - die Kammel

Die vielen Mäander der "Kammlach" bewogen wohl die Kelten zur dieser Namensgebung für den schwäbischen Bach. Die vielen Schleifen blieben bis heute erhalten oder wurden wieder hergestellt. Tatsache ist, die meisten Flussrenaturierungen im Landkreis Günzburg wurden an der Kammel ausgeführt. Der Bach entspringt beim "Hochfirst" in der Nähe von Erisried und mündet nach 57 Kilometern in die Mindel.

Unser Verein bewirtschaftet zwei Strecken, die eine bei Loppenhausen und die andere bei Billenhausen. Schauen wir uns zunächst die letztere genauer an. Um die Kammel ist es in unserem Verein in den letzten Jahren etwas ruhiger geworden. Früher stand sie zusammen mit der nahen Günz, mehr im Mittelpunkt der anglerischen Interessen. In (leider) weit zurückliegenden Jugendgruppentagen wurde dort sogar ein Pfingstzeltlager ausgerichtet. Jugendleiterlegende Bernhard ("Berry") Ruppert hatte an der Kammel sein Wochenenddomizil und dank guter Verbindungen zur damals noch sehr bedeutsamen DAM fanden Bilder aus dieser schwäbischen Idylle sogar ihren Weg auf die Titelseiten von Angelkatalogen. Unvergessen auch die Episode, als "Berry" am Ende eines Jugendfischtags einen Bauernbuben, der auf dem Hof arbeitete, fragte: "Habt's net a Brotzeit?" Dieser verschwand im Haus und verkündete kurz darauf : "D' Mutter hot gsagt, kennt's reikomma!" Unglaublicherweise wurde damals eine Handvoll völlig verfischter Typen in der damals angesagten Jugendgruppenuniform (Jeans, Militärparka und Luis Trenker- Hut mit aufgenähten Aitelgebissen) ins Haus gebeten und aufs beste bewirtet.

Natürlich war auch früher schon die Forelle hier der Zielfisch. Aber Barben, Aitel und Karpfen bereicherten das Beutespektrum. Meine größte Barbe stammt weder aus dem Lech noch aus der Wertach, sondern aus der Kammel. Unvergessen der Kampf mit dem massiven Fisch auf engstem Raum in einem zugewachsenen Gumpen, bei dem die Griffkorken an der selbstgebauten Grundrute zu platzen drohten. Und als die ersten Goldkopfnymphen, damals noch mit monofilem Kurzvorfach, bei uns auftauchten, erreichte die Äschenfischerei an der Kammel einen Höhepunkt. Dabei wurde die Nymphe nicht, wie man vielleicht denken möchte, an der Fliegengerte, sondern an der langen Posenrute mit dem Pilzstopsel angeboten. Heute bereitet die Äsche Sorgen: Die Kormorane sind jeden Winter vor Ort und machen jeglichen Besatzversuch zur vergeblichen Liebesmüh.

Das Angeln auf Forellen wird Angler in erster Linie hierher nach Billenhausen locken. Und alles ist möglich. Ich erinnere mich noch gut, wie wir als Jungfischer einen Tauwurm am Grundblei anboten und auf das elektrisierende Rucken der Rutenspitze warteten. Später haben wir die Methode etwas verfeinert und den Wurm an einem Doppelhakensystem angeboten. Pennel- System hieß das, glaube ich, und es erlaubte einen sofortigen Anhieb nach dem Biss. In Verbindung mit einer kleinen durchlochten Bleikugel konnte man so perfekt den Bachboden abklopfen. Erst nach einiger Übung gelang es das Holpern über den Kies von vorsichtigen Bissen zu unterscheiden. Macht das überhaupt noch jemand? Am gleichen Gerät lassen sich natürlich auch kleine tote Köderfische anbieten. Am Spinnsystem montiert sind sie aber womöglich noch fängiger und schon sind wir bei der nächsten Methode angelangt. Ich denke, dass an der Kammel alle Forellen- Spinnköder einen Versuch wert sind. Im Zweifel würde ich aber auf kleine schwimmende Wobbler setzen, die mehr als einmal dafür sorgten, dass das Fanglimit fast zu schnell erreicht war.

Last but not least kann man natürlich auch mit der künstlichen Fliege sein Glück versuchen. Mit der Trockenfliege wird es schwierig, aber Nymphen und vor allem Streamer werden fangen. War es Zufall? Häufig, wenn ich Streamermuster verwendete, in denen Rehhaar verbaut war, fing ich außer Forellen auch Aitel und -ganz selten- Barben.

Ziehen wir ein paar Kilometer bachaufwärts, an Krumbach vorbei, nach Loppenhausen. Unsere Angelstrecke beginnt hier an der Straßenbrücke und zieht sich in natürlichen Windungen durch den Talgrund. Im Gegensatz zu der Strecke in Billenhausen gibt es hier nahezu keinen Uferbewuchs durch Bäume, Büsche oder höhere Sträucher. Nur Brennnesseln - reichlich und hoch. In Verbindung mit den kleinen fliegenden Vampiren und sommerlicher Hitze eine Mischung für Hartgesottene.

Loppenhausen ist Fliegenfischerrevier. Ob Streamer, Nassfliege, Nymphe oder die Trockene - alles fängt hier zu seiner Zeit. Empfehlungen für bestimmte Fliegenmuster engen hier mehr ein, als sie hilfreich sind. Trotzdem: Wolly Bugger, Muddler, Zonker bei den Streamern, tschechische Nymphenmuster, Goldköpfe, Bachflohkrebse bei den Nymphen und Entenbürzel - und diverse Sedgemodelle trocken gefischt, haben hier schon ihre Fische gebracht. Die fehlenden Büsche erleichtern das Werfen kolossal, aber es fehlt natürlich auch jede Deckung. Drückt man sich im Hochsommer durch die Brennnesseln, haben einen die Fische schneller weg, als einem lieb sein kann. Waten halte ich persönlich für eher sinnfrei und den obligatorischen Watkescher sollte man vielleicht doch lieber durch ein langstieliges Landenetz ersetzen.

Wer die lieblichen, schwäbischen Landschaften um Günz, Kammel und Mindel mag, wird an den beiden eben beschriebenen Gewässerstrecken glücklich werden. Durch die etwas weitere Entfernung von Augsburg bietet sich natürlich ein Tagesausflug an. Leider fehlen die Dorfwirtschaften früherer Tage, die einen Angelausflug so herrlich abrunden konnten. Aber eine mitgebrachte Brotzeit an einer heimeligen Stelle des Bachlaufs ist auch nicht zu verachten und wenn's dann doch etwas aufwendiger sein soll, findet man sicher in Krumbach das Passende. Ich wünsche ihnen auf jeden Fall beschauliche, erholsame und vor allem erfolgreiche Angeltrips an unsere Kammelstrecken.

Peter Steinle